2025: NUR MEHR DIGITALE VERSICHERUNGSMAKLER? DIGITALISIERUNG VERÄNDERT VERSICHERUNGSWIRTSCHAFT

„Wie es in anderen Branchen schon vorgeführt wird, wird die Digitalisierung auch die Versicherungsbranche kräftig durcheinander wirbeln. Onlinepolizzen, Vergleichsportale und neuartige Service-Apps werden für die Versicherungswirtschaft und auch auf die Arbeit der Versicherungsmakler ihre Auswirkungen haben“, eröffnete Thomas Tiefenbrunner, Fachgruppenobmann der Versicherungsmakler der Wirtschaftskammer Tirol, den siebten Expertentag der Tiroler Versicherungsmakler. Neben rund 100 Versicherungsmaklern waren auch Landeshauptmann-Stellvertreter Josef Geisler, Fachverbandsobmann Gunther Riedlsperger, Spartenobmann Dietmar Hernegger sowie die Versicherungsvorstände Matthias Effinger (ARAG), Bernhard Fasching (Standard Life), Peter Loisel (VAV Versicherung), Werner Panhauser (Helvetia Versicherung) und Philip Steiner (Nürnberger Versicherung) anwesend und diskutierten eifrig mit. 

„Die Digitalisierung ist die Industrie 4.0 der Versicherungsbranche“, erklärte Keynote Speaker Volker P. Andelfinger. Das Kundenverhalten ändert sich und darauf muss die Branche, insbesondere der Vertrieb reagieren. „Heute sitzen die Leute in der Straßenbahn und unterhalten sich mit ihren Smartphones anstelle mit dem Sitznachbarn. Das hat Auswirkungen auf jeden Bereich in unserem Leben.“ Die Menschen in Europa sind mittlerweile 24 Stunden online. Zudem informieren sie sich über Produkte und Dienstleistungen immer mehr online und kaufen dann offline oder umgekehrt. Dieser Ropo-Effekt führt dazu, dass Unternehmen in beiden Kanälen – also online und offline – aktiv sein müssen. Zudem werden die Kunden immer mehr zu hybriden Kunden. Das heißt, der Kunde zeigt ein geiziges und gleichzeitig verschwenderisches Kaufverhalten. Dieses Verhalten ist in jeder sozialen Schicht vorhanden.

Der Trend hin zum Internet der Dinge (Internet of Things, IoT) stellt eine folgenreiche Weiterentwicklung des World Wide Web dar. Schätzungen gehen davon aus, dass im Jahr 2020 zwischen 30 Milliarden und 100 Milliarden Dinge eine Verbindung zum Internet haben werden – vom Kühlschrank, der über fehlende Milch berichtet bis hin zur Zahnbürste, die uns an das Zähneputzen erinnert. Die totale Vernetzung von Menschen, Maschinen und Dingen beschert ein nie dagewesenes Datenvolumen und eröffnet völlig neue Möglichkeiten auf vielen Gebieten. Traditionelle Geschäftsmodelle der Versicherer geraten in Gefahr, können von Dritten übernommen und in deren eigene Modelle integriert werden. 

Aktuell spielt das Internet für den Versicherungskunden eine sehr große Rolle, dient allerdings primär noch zur Information über Produkte und Leistungen. Die persönliche Beratung wird aber beim Versicherungsabschluss nach wie vor bevorzugt. So werden Versicherungen doppelt so häufig abgeschlossen, wenn zuvor mit einem persönlichen Berater gesprochen wurde, als wenn man sich zuerst im Internet informiert hat. 

Die Nutzung von Mobile Commerce zeigt in Österreich nach Produktkategorien unterteilt, dass Versicherungsprodukte mit 2,3 % Online-Anteil nur auf Platz 16 gelistet sind. Die Top drei sind Bekleidung & Schuhe mit 38,6 %, Elektronikgeräte mit 33 % und Bücher mit 28,1 %. (Quelle: Statista.de; Befragung von 303 Personen für MindTake von Mai – Juni 2015 in Österreich)

Bei den Versicherungsprodukten ist der Online- und Offline-Anteil je nach Produktgruppe verschieden. So würden 53,6 % der Befragten deutschen Haushalte die KFZ/Motorrad-Versicherung online abschließen. Bei der privaten Krankenversicherung sinkt der Online-Anteil auf 41,2 %, bei der Pflegeversicherung auf 38,5 % und bei einer Berufsunfähigkeitsversicherung auf 35,2 %. (Quelle: Statista.de; Befragung von 882 Haushalten in Deutschland)

Je individueller ein Produkt auszugestalten ist, umso mehr findet die Beratung offline statt. Das zieht sich durch alle Altersgruppen in der Gesellschaft. Selbst die Jahrgänge 1990 bis 2000 werden zwar durch neue Medien stärker angesprochen, suchen aber stärker den persönlichen als den Online-Abschluss. Erst die Folgebetreuung findet hier mehr und mehr online statt.

Auch Versicherer werden im Internet aktiver und lassen Prozesse online und zum Teil mobil über Apps laufen. „Meldungen von Versicherungsschäden oder Kundenstammdaten lassen sich online sehr schlank abwickeln. Dadurch stehen nicht nur die eigenen Mitarbeiter sondern auch der Kunde direkt als Beteiligter im Fokus“, weiß Fachgruppenobmann Thomas Tiefenbrunner. Kunden werden einbezogen, übernehmen Aufgaben, die früher Mitarbeiter von Versicherern übernommen haben. Ähnlich den Fluggesellschaften, bei denen Kunden ihre Tickets auch selbst ausdrucken.

Aufgrund des stetigen Wandels und immer besserer Technologien (hohe Geschwindigkeit technologischer Entwicklungen, Normierung von Prozessen und Technologie, Verfügbarkeit neuer Anwendungen für Makler), neuer Geschäftsmodelle und Konkurrenz durch InsurTechs (günstige und einfach Onlineversicherungen) sowie dem veränderten Kundenverhalten und der demografischen Entwicklung wird sich das Geschäftsfeld des Versicherungsmaklers bis 2025 stark verändern.

Videoberatungen lassen den Aktionsradius größer werden und sparen Wege und Zeit. Die Endkunden werden in Prozesse stärker eingebunden (elektronische Versicherungsordner, Robo-Adviser, teilautomatisierte Beratung). Der Versicherungsmakler muss es auch schaffen, den hybriden Kunden durch die Nutzung der Technologien besser an sich zu binden. Die Digitalisierung wird auch zu einer veränderten Produktlandschaft führen, denn die Produkte sollen einerseits für den Kunden transparenter werden und andererseits steigt die Komplexität in der Beratung.

Weiter wird die Prävention von Versicherern immer mehr gefördert. Beispiele sind Kooperationen von Versicherungen mit Unternehmen zum Thema Smart home. Hier stellt die Versicherung Sensoren für Glasbruch, Wassereintritt, Bewegungen sowie Innenraumsirenen gegen eine monatliche Prämie zur Verfügung. Bei einem trotzdem auftretenden Schadensfall ist dieser natürlich auch versichert. Dies führt zu einer höheren Schadenvermeidung und einer Reduktion der Schadenhöhen.

„Auf all diese Trends müssen sich Versicherungsmakler einstellen, um auch in zehn Jahren noch erfolgreich zu sein. Für Einzelkämpfer wird es zunehmend schwieriger, während Kooperationen oder größere Betriebe bessere Wachstumschancen ermöglichen“, malte Fachgruppenobmann Thomas Tiefenbrunner abschließend ein Bild für die Branche. 

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